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Zellen-Studien '^c
von
Dr. Theodor Boveri,
Professor an der Universität Würzburo-.
Heft 4. üeber die Natur der Ceiitrosomen.
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Mit 8 lithographiselieii Tafeln uud 3 Textlia-ur
eil.
Jena
Verlag von Gustav Fischer 1900.
^.
Uebersetzunssreclit vor bell alten.
Inhaltsübersicht.
Seite
Einleitung 1
Abschnitt A. Zur Kritik der Eisenhämatoxylin-
Färbung. Künstliche Centralkörperchen, . 12 Abschnitt B. Specieller Teil.
1) Die Teilung der Centrosomen in den Spermatocyten von
Ascaris megalocephala 23
2) Die Teilung der Centrosomen in den Ovocyten von Di-
aulula sandiegensis 27
3) Die Centrosomen bei der Furchung des Eies von Echinus
microtuberculatus 29
a) Eigene Beobachtungen 29
b) Litteratur 54
4) Die Centrosomen bei der Furchung des Eies von Ascaris
megalocephala 62
a) Eigene Beobachtungen ... 62
b) Litteratur 79
Abschnitt C. Allgemeiner Teil.
Kapitel I. Größe und Beschaffenheit der Centrosomen. Die
Centriolen 88
Kapitel II. Teilung der Centrosomen 97
Kapitel III. Das Verhältnis von Centrosom und Centriol
zur Sphäre 115
Kapitel IV. Kriterien, ob Centrosom oder Centriol . . . 123 Kapitel V. Ueber das Verhältnis der Centrosomenteilung
zur Zellteilung 127
a) Eigene Auffassung 129
b) C. Rabl's Hypothese 136
c) Die Mikrocentrenlehre M. Heidenhain's 140
Kapitel VI. Das Centrosom als cyklisches Gebilde. Zur
Theorie der Centrosomenwirkung bei der Zellteilung 153
Kapitel VII. Entstehung der Centrosomen 163
a) Neubildung von Centrosomen im Protoplasma. Künst- liche Astrosphären 164
b) Neubildung von Centrosomen aus dem Kern. Homo- logie des Centrosoms 176
Abschnitt D, Nomenklatur 196
Einleitung. ^<C
Lange Beschäftigung mit den Centrosomen in sehr verschie- denen Tiergruppen hat mich allmählich zu der Ueberzeugung ge- führt, daß es möglich ist, die mancherlei sich scheinbar wider- sprechenden Befunde, welche in der Litteratur über diese Bildun- gen zu Tage getreten sind, bis zu einem gewissen Grade mit- einander zu versöhnen und einige Sätze von allgemeinerer Giltig- keit über ihre Morphologie aufzustellen. Zu diesem Behufe soll im folgenden an 4 Objekten der Kreislauf der Centrosomen von einem Punkt ihrer Existenz bis zu dem gleichen Punkt in der nächsten Zellengeneration verfolgt werden, worauf sich durch Vergleichung dieser und anderer, in der Litteratur beschriebener Objekte aus der Verschiedenartigkeit im einzelnen das überall Gleichartige herausheben wird.
Das Bestreben, einen bei der Kern- und Zellteilung so wich- tigen Bestandteil unseres Elementarorganismus in allen Phasen seines Bestehens so weit, wie es unsere Untersuchungsmittel nur erlauben, zu analysieren, bedarf keiner Begründuog. Doch muß ich gestehen, daß es weniger die bloße morphologische Erkenntnis ist, welche mich in diesem Falle anzieht, als vielmehr die physio- logische Bedeutung der Centrosomen, speciell bei der Zellteilung. Schon seit meinen ersten Veröffentlichungen im Jahre 1887 habe ich die Centrosomenfrage wesentlich von dieser Seite behandelt und aus den Geschehnissen in normalen wie in abnormen Zellen physiologische Schlüsse gezogen, auf deren Berechtigung im all- gemeinen Teil näher eingegangen werden soll. Gewiß wird hier wie anderwärts, nachdem fürs erste schon der morphologische
B 0 V e r i , Zellen-Studien. IV. 1
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Befund eine gewisse physiologische Einsicht gewähren kann, weiterer Fortschritt nur durch das Experiment erreichbar sein, oder richtiger gesagt, durch das Studium in der Natur vor- kommender oder künsthch hervorgebrachter Abweichungen von dem normalen Verhalten und der Folgen dieser Abweichungen. Allein hierfür ist eben eine genaue Kenntnis der morphologischen Verhältnisse unerläßliche Vorbedingung. Denn wenn auch die schließliche Entscheidung durch das Experiment geliefert wird, müssen wir doch vor allem wissen, womit wir experimentieren.
Dieses Bedürfnis war es hauptsächlich, was mich veranlaßte, dem Seeigel -Ei eine besonders ausführliche Untersuchung zu widmen. Dieses Objekt steht hinsichtlich der Klarheit und Sicher- heit, mit der sich die Centrosomen und ihre Veränderungen de- monstrieren lassen, anderen Zellen weit nach. Aber als günstigstes Experimentalobjekt, welches überdies im Leben mehr von den \^'irkungen der Centrosomen erkennen läßt als die meisten anderen Zellen, verlangt es die minutiöseste Untersuchung, die sich frei- lich auch insofern verlohnt, als wir hier einen besonderen Typus der Centrosomenteilung finden, der uns in den Stand setzt, andere sich ferner stehende zu verbinden. — Für die Wahl eines zweiten Objektes, des Ascaris-Eies, waren vor allem historische Gründe maßgebend. Es mußte mit den modernen Hilfsmitteln geprüft werden, was von den alten Befunden au diesem Objekt, das die erste Grundlage für die Centrosomenlehre gebildet hat, noch zu Recht besteht. — Ganz allgemein aber waren, der Natur der Unter- suchung gemäß, nur solche Zellen in Betracht zu ziehen, die sich durch ihre Größe und die Größe ihrer Teile auszeichnen, die weiterhin in rascher und nachweisbar normaler Teilung begriffen sind und endlich in so großen Mengen zur Verfügung stehen, daß alle Stadien zur Beobachtung kommen müssen. Solche Zellen sind die Ovocyten und manche Spermatocyten, die Eier und Blastomeren, welche überdies bei vielen Organismen durch die fast absolute Gleichzeitigkeit, mit der sich große Mengen von ihnen zur Teilung bringen lassen, die Möglichkeit gewähren, die Succession der Stadien mit voller Sicherheit zu bestimmen.
Ueberblickt man die neuere Litteratur über die Cytocentren, so zeigt sich, daß sich die Studien auf diesem Gebiet in zwei Richtungen gespalten haben. Die eine sucht die Ceutrosomen in den — zumeist ruhenden — Zellen des erw^achsenen Organismus oder auch des bereits weiter vorgeschrittenen Embryo auf. Sie
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fördert unsere Kenntnisse vor allem hinsichtlich des Vorkommens der Centrosomen überhaupt ; dann aber ist sie dazu berufen, über die Lage des Centrosoms in der ruhenden Zelle und die Be- ziehungen, die es geometrisch oder strukturell zu anderen Zell- teilen einnimmt, Aufschlüsse zu geben, worüber ja in Zellen, die unmittelbar von einer Teilung zur nächsten schreiten, nichts zu ermitteln ist. Durch Feststellung solcher Beziehungen wird diese Richtung auch physiologische Ergebnisse zu Tage fördern oder wenigstens den Weg zu solchen zeigen können, insofern aus ge- setzmäßigen Lageverhältnissen und Verbindungen Schlüsse über die Funktion abzuleiten sind.
Die andere, ältere Richtung der Centrosomenforschnng be- schäftigt sich mit Zellen, die in rapider Teilung begriffen sind, wie Eiern und Furchungszellen. Sie sucht die Centrosomen in ihrem ganzen Kreislauf zu verfolgen und, soweit sie kann, ihre Rolle bei der Kern- und Zellteilung und, was damit aufs engste zusammenhängt, bei der Befruchtung zu ermitteln. Dieser Seite wird aber weiterhin auch die Aufgabe zufallen, in der Frage nach der Struktur der Cytocentren das entscheidende Wort zu sprechen. Denn sie hat es mit den größten Zellen zu thun, in denen auch die Ceutren am größten und am leichtesten zu analy- sieren sind ; außerdem aber steht ihr, nach der Natur ihrer Objekte, der ganze Cyklus in den minimalsten Abstufungen und in vielen Fällen in gesicherter Reihenfolge zur Verfügung, und sie vermag oft, wenn ein Stadium, für sich allein betrachtet, der Deutung Schwierigkeiten bereitet, durch Vergleichuug mit den voraus- gehenden und folgenden die Lösung zu erbringen. Sich gegen- wärtig zu halten, was jeder dieser beiden Zweige zu leisten ver- mag, wird nicht ohne Nutzen sein ; mancher Gegensatz ist dadurch entstanden, daß die eine Richtung Fragen entscheiden zu können glaubte, die in die Kompetenz der anderen gehören.
Es ist mir neuerdings gelungen, wovon unten ausführlicher die Rede sein wird, in den Eiern und Blastomeren von Ascaris die Centrosomen im Leben zu sehen, allerdings nur in denjenigen Stadien, wo sie durch besondere Größe ausgezeichnet sind. Allein auch so ist die Beobachtung für einige Streitfragen von Bedeutung. Denn, wie ich schon früher betonte (17, S. 61), sind die Centro- somen nicht resistente Gebilde, die sich mit Leichtigkeit dem lebenden Zustand entsprechend konservieren lassen ; ein Satz, den die seitherigen Veröffentlichungen in der schlagendsten Weise be-
1*
stätigt habeo. Wie wechselnd sich das Centrum der Astrosphäre bei verschiedener Konservierung und gar erst unter der so trüge- rischen Variabilität der Eisenhämatoxylinfärbung darstellen kann, geht daraus hervor, daß, wie es wiederholt vorgekommen ist, das- jenige, was der eine Autor an seinen Präparaten aufs deutlichste sieht, von einem anderen auf Grund anderer Präparate als nicht existierend bezeichnet wird. Es wird eine Hauptaufgabe der folgenden Untersuchungen sein, Gegensätze dieser Art aufzuklären.
Handelt es sich in dem eben Gesagten um Kontroversen der Centrosomenforscher untereinander, so sind diese Autoren kürz- lich alle gemeinsam von einem Urteil getroffen worden, welches auf Grund ausführlicher Erörterungen der Botaniker A. Fischer (38) gefällt hat und das sich kurz dahin zusammenfassen läßt, daß es Centrosomen als specifische Gebilde überhaupt nicht giebt, und daß somit auch alles, was über ihre Funktion behauptet worden ist, einfach dahinfällt. Bevor ich die Gründe für dieses Urteil untersuche, halte ich es für ersprießlich, das, was sich als das Allgeraeinste und Wesentlichste an der Centrosomenlehre angeben läßt, in den Hauptzügen hierherzusetzen. Ich thue dies mit den Worten, in welche ich im Jahre 1887 (11, S. 153 ff.) meine Ergebnisse zusammengefaßt habe. Obgleich in dieser Darstellung einige Punkte specieller ausgedrückt sind, als wir dies heute, wo wir eine gewisse Variabilität der Phänomene kennen gelernt haben, thun würden, spricht sie das Essentielle meines Standpunktes doch auch jetzt noch vollkommen aus.
„Das Centrosoma, das bisher nur als Polkörperchen der Spindel bekannt war, ist ein selbständiges dauerndes Zellenorgan, das sich, gerade wie die chromatischen Elemente, durch Teilung auf die Tochterziellen vererbt. Es repräsentiert das dynamische Centrum der Zelle ; durch seine Teilung werden die Centren der zu bildenden Tochterzellen geschaffen, um die sich nun alle übrigen Zellbestand- teile symmetrisch gruppieren. Jedes Tochtercentrosoma zieht die Hälfte des Archoplasmas um sich zusammen und belegt mit Hilfe dieser in Fädchen ausstrahlenden Substanz i) die eine Seite eines jeden Kernelements, d. i. das eine der beiden im Mutterelement
1) Statt dessen würde man jetzt sagen: Um jedes Tochter- centrosoma entsteht aus gewissen Bestandteilen des Zellkörpers eine Astrosphäre, und es differenzieren sich in manchen Fällen aus dem Kerninhalt ähnliche Fasern, die gleichfalls auf die Centrosomen centriert sind.
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vorbereiteten Tochterelemente, mit Beschlag, um dasselbe möglichst nahe an sich heranzuziehen ^). Indem das noch ungeteilte Element diese Einwirkung von beiden Seiten in gleicher Weise erfährt, wird es möglichst in die Mitte zwischen beiden Centrosomen, ge- wissermaßen auf die Grenze der von diesen beiden Körperchen beherrschten Grebiete geführt, und so entsteht die chromatische Aequatorialplatte, die durch die Teilung der einzelnen Elemente in zwei parallele Platten zerfällt, welche nun infolge der entgegen- gesetzt gerichteten Bewegung der beiden Centralkörperchen von- einander entfernt werden ^). Wie die Aequatorialplatte, so gelangt auch die unter dem Namen der Zellplatte bekannte Scheidewand des Protoplasmakörpers sowie die Einschnürung der Zellenoberfläche in der auf der Verbindungslinie der beiden Centrosomen in deren Mitte senkrechten Ebene zur Ausbildung.
Das Centrosoma ist das eigentliche Teilungsorgan der Zelle, es vermittelt die Kern- und Zellteilung.
Die aktive Thätigkeit des Kernes bei der Teilung besteht lediglich in der Kontraktion des Gerüstes in die kompakten chro- matischen Elemente und in der Teilung dieser Körper. Allein dieser Prozeß, so wesentlich er auch ist, würde für sich allein nicht zu einer Kernteilung, sondern nur zu einer Verdoppelung der Zahl der chromatischen Elemente in einem einzigen Kern führen. . . . Eür die Entstehung zweier Kerne aus einem einzigen ist es notwendig, daß die durch die Spaltung der chromatischen Elemente gebildeten Tochterelemente so in zwei Gruppen verteilt werden, daß sie beim Uebergang in den Zustand des ruhenden Kernes nicht mehr von einer einzigen Vakuole umschlossen werden können. Diese Trennung geschieht ausschließlich durch die Thätigkeit der Centrosomen und ihrer Archoplasmakugeln.
Am lehrreichsten für die Erkenntnis dieser Beziehungen sind jene wohl stets als pathologisch zu bezeichnenden Fälle, wo mehr als zwei Centrosomen vorhanden sind. . . . Sie führen mich zu dem Schluß, daß sich die Zahl der entstehenden Tochterkerne weder nach der Qualität, noch nach der Quantität der Kernsubstanz richtet, sondern einzig und allein davon abhängt, wie vielen von den vor- handenen Centrosomen es gelingt, sich mit einem Teil der chroma- tischen Elemente in Verbindung zu setzen und so mit einem der übrigen Centralkörperchen Spindeln zu bilden. Die Kernelemente verhalten sich hierbei genau wie sonst: ein jedes tritt nur mit zwei Polen in Beziehung und teilt sich nicht in so viele Stücke, als Tochterkerne gebildet werden, sondern nur in zwei.
Wie die Kernteilung, so ist auch die Zellteilung eine Punktion der Centrosomen. Es entstehen stets so viele Tochter-
1) Wobei allerdings ein gewisser Abstand nicht überschrit- ten wird.
2) Hierzu kann sich noch eine Verkürzung der ziehenden Pasern gesellen, ja diese spielt in manchen Fällen die Hauptrolle.
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Zellen, als Centrosomen vorhanden sind i), und auch, wenn eines dieser Körperchen bei der Kernteilung leer ausgeht, grenzt es einen Teil der Zellsubstanz für sich ab ; es entsteht eine kernlose Zelle^ die zu Grunde geht^)."
Fragt man sich, wie ein bewährter Forscher wie A. Fischer in einem Buch, dessen allgemeine wissenschaftliche Tendenz bei jedem Cytologen freudige Anerkennung finden wird, dazu kommt, das vorstehend Skizzierte und alles, was sich seit 13 Jahren darauf aufgebaut hat, als Irrtum und Phantasie zu bezeichnen, so werden sich folgende Gründe namhaft machen lassen. Fischer hat durch seine Versuche festgestellt, daß vieles, was wir an Strukturen in konservierten Zellen finden, wie Körner, Fädeben, ja sogar Strah- lungen, durch die Einwirkung der histiologischen Reagentien auf Eiweißlösungen hervorgebracht werden kann. Diese Erfahrungen machen ihn, und bis zu einem gewissen Grade mit vollem Recht, sehr skeptisch gegen alles, was sich, ohne im Leben sichtbar zu sein, als Struktur an konservierten Objekten darstellen läßt. Da nun nach Fischer der Kreislauf der Centrosomen nur aus kon- servierten Präparaten zusammengesucht ist, so bürgt nichts dafür, daß es nicht lediglich zufällige, vielleicht artificielle Körnchen, zum Teil aus dem Kern ausgestoßene Nukleolen sind, die dann, wenn sie eine der Theorie günstige Lage einnehmen, als „Centrosomen" in Anspruch genommen werden. — Man hätte erwarten dürfen, daß ein Autor, der über ein großes, von zahlreichen Forschern gepflegtes Arbeitsgebiet ein solches Urteil fällt, die in Betracht kommenden Objekte genauestens untersucht habe, um sich von der Leichtfertigkeit seiner Vorgänger zu überzeugen. Aus Fischer's Darstellung läßt sich ersehen, daß ihm diese eigene Erfahrung völlig fehlt. Nur so wird es verständlich, wie er dazu kommt, zu sagen, daß er der herrschenden Deutung seine eigene gegenüber- stelle. Denn eine Kenntnis der Dinge selbst, über die er hier schreibt, würde ihn belehrt haben, daß es sich bei dem wesent- lichen Inhalt der Centrosomenlehre gar nicht um Deutung handelt. Freilich hätte ihm schon eine genauere Ueberlegung klar machen können, daß er sich mit seinen Erörterungen über unsere Frage auf einem Felde bewegt, das der Kompetenz des Protoplasma-
1) Dieser Satz ist, wie ich später gezeigt habe (19), wenigstens für das Seeigel-Ei nur mit gewissen Einschränkungen giltig.
2) Die thatsächlichen Nachweise zu diesen Ausführungen, so- weit nicht in dem Aufsatz selbst enthalten, finden sich im II. Hel't meiner Zellen-Studien. Weiteres in 12, 16 und 19.
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techuikers völlig entrückt ist. Wenn wir eine Serie von Zellen- präparaten vor uns haben, die nachweislich genau und lückenlos die successiven Stadien konserviert repräsentieren, welche eine Zelle der gleichen Art von einer Teilung zur nächsten im Leben durchläuft, und wenn wir darin Strukturen finden, die in kon- tinuierlichen Uebergängen einen höchst sinnvollen Kreislauf dar- stellen, so muß etwas dem Entsprechendes im Leben vorhanden sein. Dazu kommt noch, daß vieles von diesem Lebenden an manchen Zellen auch sichtbar ist. Schon Mitte der 70 er Jahre haben Bütschli und Auerbach, 0. Hertwig, Fol, Flemming u. a. in lebenden Eiern die Strahlensonnen beobachtet, in deren Mittelpunkten das konservierte Objekt die Centrosomen zeigt, und ich selbst vermochte 1888 (12) zum ersten Mal an lebenden Eiern und Blastomeren von Seeigeln zu verfolgen, daß die beiden Radiencentren der karyokinetischen Figur aus einem vorher ein- fachen Centrum durch Teilung hervorgehen. Würde der Proto- plasmaforscher zu dem Resultat gelangen, daß die Körperchen, die wir in unseren Präparaten in den Radiencentren finden, nicht so aussehen wie im Leben, so würde er hierin eine ge- wisse Autorität beanspruchen können ; über die Herkunft und Schicksale dieser Körperchen aber steht ihm von seinem Stand- punkt aus kein Urteil zu.
Aehnlich verhält es sich mit dem zweiten Argument Fischer's, das seinen Untersuchungen über die Grundlagen der Färbungs- technik entsprungen ist. Auch hier hat er, speciell mit dem, was er über die Eisenhämatoxylinfärbung sagt, in vielen Stücken ganz recht; wie nahe ich hier mit ihm übereinstimme, wird aus dem nächsten Kapitel hervorgehen, das lange vor dem Erscheinen von Fischer's Buch geschrieben war und ja auch nur eine erweiterte Ausführung von früher (17, S. GOfi'. ; 46, S. 108) bereits kurz Mitgeteiltem enthält. Aber Fischer übersieht auch hier den Hauptpunkt, daß nämlich die Eisenhämatoxylinfärbung zwar ein sehr wertvolles Hilfsmittel für das Studium der Centrosomen ist, daß aber die Lehre von der Persistenz und den Wirkungen der Centrosomen von dieser und jeder Färbung unabhängig ist; denn alles Prinzipielle ist schon zu einer Zeit festgestellt worden, wo man diese Körperchen ohne jede Färbung studierte.
Das für Fischer wichtigste Motiv zu seinem Zweifel ist wohl darin zu suchen, daß er die Angaben über Centrosomen, die von einigen seiner botanischen Fachgenossen gemacht worden sind, als sehr bedenklich erkannt hat. Auch hierin kann man ihm , be-
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sonders auf Grund der wertvollen Untersuchungen, die wir Stras- BUEGER und seinen Schülern (98) verdanken, voll beistimmen. Es kann kaum mehr bezweifelt werden, daß auf pflanzlichem Gebiet Fälle vorliegen, wo in der Ueberzeugung, was für tierische Zellen gilt, müsse auch für pflanzliche gelten, zufällige Strukturen als Centrosomen beschrieben worden sind. Aber ein ganz ähnlicher falscher Analogieschluß, wie er hier in die Irre geführt hat, findet sich nun auch bei Fischer selbst, indem er der Meinung ist, daß das, was für ein pflanzliches Objekt widerlegt ist, damit für alle Zellen als irrtümlich erkannt sei. Eine solche irrige Generali- sierung mag nahe liegen ; die Sicherheit jedoch, mit der wir ihr bei Fischer begegnen, kann nur aus der auf jeder Seite sich aus- prägenden außerordentlichen Unerfahrenheit erklärt werden, mit der er nicht nur den tierischen Objekten, sondern auch dem, was über ihre Centrosomen und deren Wirkung bei der Zellteilung und Be- ftuchtung geschrieben worden ist, gegenübersteht. Ehe man hier weiter mit ihm diskutiert, wird man abwarten dürfen, bis er die notwendigsten Litteraturstudien gemacht haben wird, um über- haupt die Grundlagen zu kennen, auf denen unsere gegenwärtigen Vorstellungen über die Centrosomen und ihre Wirkungsweise ruhen.
Muß sonach diese Kritik als in der Hauptsache gänzlich halt- los abgelehnt werden, so ist die Frage, ob nicht auf Grund anderer Erfahrungen eine Modifikation der herrschenden Anschauungen einzutreten hat. Ich habe hier die speziell von amerikanischen Forschern herrührenden Erfahrungen im Auge, welche auf eine künstliche Erzeugung von Centrosomen hinzudeuten scheinen und von denen vor allem diejenigen Morgan's über „Künstliche Astrosphären" (84, 85) von Interesse sind. Ich werde im allgemeinen Teil auf diese Erscheinungen einzugehen haben; hier genüge die Bemerkung, daß meines Erachtens durch die in Rede stehenden Beobachtungen und Versuche, ihre volle Richtig- \ \ keit vorausgesetzt, nur bewiesen wird, daß Strahlungen im Proto-
(^k7\lnj/t^ plasma auch auf andere Reize als die von Centrosomen ausgehen- Qtt/^^ den entstehen können, und daß solche Pseudospliäi'en unter Um-
ständen mit den echten in Struktur und Wirkungsweise eine über alle Erwartung gehende Uebereinstimmung zeigen. In der Sphären lehre also werden diese Erfahrungen zu reformieren haben und manchen Theorien ein Ende bei'eiten. Aber eine zur normalen Zellvermehrung nötige Eigenschaft fehlt den künstlichen Astrosphären durchaus: die regulierte Zahl, und hier scheint
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mir eben der Punkt zu sein, wo die Centrosomen als specifiscbe durch Zweiteilung sich vermehrende Gebilde ihre Unerläßlichkeit dokumentieren ^).
Ich halte somit die Möglichkeit, daß sich Ceutrosoraen irgendwo aus inditierentem Protoplasma ditferenzieren könnten, nach wie vor für höchst unwahrscheinlich und werde in dieser Ueberzeugung auch nicht erschüttert durch die kürzlich veröffent- lichten Versuche von J. Loeb (78), welche im Zusammenhang mit denen Morgan's der Annahme einer durch chemische Einwirkung möglichen Erzeugung von Centrosomen besonders günstig er- scheinen könnten. Loeb hat gefunden, daß sich unbefruchtete Seeigel-Eier zu normalen Larven entwickeln, wenn man sie auf etwa 2 Stunden in eine Mischung einer ^'^/g Normallösung von MgClg niit gleichen Teilen Seewasser und dann wieder in reines Seewasser bringt. Was hierbei im Ei vorgeht, darüber macht Loeb keine Angaben. Nach den Anschauungen, die ich über das Wesen der Befruchtung ausgesprochen habe (11, 16), steht diese Entdeckung Loeb's mit der Frage nach einer Neubildung von Centrosomen in so engem Zusammenhang, daß eine kurze Be- sprechung hier am Platze sein dürfte. So wichtig und aussichts- reich die Versuche von Loeb sind, so anfechtbar scheinen mir die Schlüsse zu sein, die er daraus gezogen hat. Dies wird sich zeigen lassen, ohne daß man einstweilen etwas von den feineren Vorgängen weiß, die die Einwirkung seiner Lösung im Ei hervor- ruft *). Loeb kommt zu dem Resultat, daß bei dem Befruchtungs- prozeß nicht die Nukleine, sondern die Ionen des Spermatozoon das Wesentliche sind : bringt man zu dem unbefruchteten Ei diese bestimmten Ionen, indem man dem Wasser gewisse Salze zusetzt, so vermögen sie das Spermatozoon zu ersetzen. — Verweilen wir einen Augenblick bei der negativen Seite dieses Ergebnisses, so
1) Maü möge dies nicht mißverstehen. Ich bin, wie ich von Anfang an (11) betonte, nicht der Meinung, daß der von den Centrosomen abhängige Teilungsmechanismus nicht durch andere Mechanismen vertreten sein könnö. Aber wo die Teilung an diese specifischen Organe geknüpft ist, da können sie, meines Erachtens, nicht durch artificielle Differenzierungen ersetzt werden.
2) Ich habe vor kurzem bei einem Aufenthalt an der russischen zoologischen Station in Villafranca versucht, die LoEß'schen Ex- perimente zu wiederholen, um dabei zu ermitteln, in welcher Weise sich die Teilungsfigur im Ei ausbildet. Es gelang mir aber weder bei Strongylocentrotus- noch bei Spbaerechinus- Eiern, parthenogene- tische Entwickelung zu erzielen.
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darf ich bemerken, daß ich die Bedeutungslosigkeit der „Nukleine" (Kernsubstanzen) für die Befruchtung schon vor mehr als 10 Jahren für das Seeigel-Ei nachgewiesen habe, indem ich zeigte, daß einer- seits bei Anwesenheit eines Spermakerns der Eikern entbehrlich ist (14), andererseits bei Anwesenheit eines Eikerns der Sperma- kern gelähmt sein kann, ohne daß die Entwickelung beeinträchtigt ist (12) 1).
Was nun die positive Seite von Loeb's Schlußfolgerung an- langt, so geht er stillschweigend von der Voraussetzung aus, daß die Entwickelung des Eies in seinem Experiment genau so durch die Wirkung der Salzlösung veranlaßt wird, wie bei der Be- fruchtung durch die Wirkung des eindringenden Spermatozoon. Diese Voraussetzung ist jedoch vorläufig nicht begründet. Denn wie, um einen Vergleich zu gebrauchen, ein an einem Abhang stehender eingehemmter Wagen sowohl durch einen vorgespannten ungehemmten Wagen von genügender Masse, als auch durch Lösung seiner Hemmung in Bewegung gesetzt werden kann, ebenso ist, um die Teilung des Eies einzuleiten, gleichfalls ein doppelter Modus denkbar: 1) daß ein gehemmter Teilungsapparat des Eies zur Thätigkeit angeregt und 2) daß ein neuer hineingebracht wird. Bei der Befruchtung ist nach der von mir (11) und in ähnlicher Weise von Vejdovsky (100) aufgestellten Theorie das letztere der Fall; das Spermatozoon, das nebenbei unter Umständen auch gewisse Hemmungen löst (vgl. 16, S. 432), bringt ein Centrosoma, d. i. einen neuen Teilungsapparat in das Ei und ersetzt dadurch denjenigen des Eies. Daß es dieses letzteren zur Entwickelung nicht bedarf, habe ich durch meine Versuche über die Befruchtung und Entwickelung rein protoplasmatischer Eifragmente bewiesen (14, 18).
Wenn also Loeb mit der Behauptung, daß gewisse Ionen genau so wirken wie ein Spermatozoon , recht haben sollte , so würde dies, meiner Meinung nach, heißen, daß die Ionen ein Centrosoma von der Qualität eines Spermacentrosoms, oder daß sie 2 Furchungscentrosomen, wie, sie dem sich teilenden Ei zu- kommen, im Eiprotoplasma hervorrufen können. Es würde sich dann bei seinem Experiment, wie bei den MoRGAN'schen Ver- suchen, die ja mit dem gleichen Salz angestellt sind, um die
1) Eine zusammenfassende Darstellung dieser Versuche und ihrer Bedeutung habe ich in meinem Aufsatz Befruchtung (16, S. 424— 433j gegeben.
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Erzeugung künstlicher Astrosphären handeln, nur mit dem fundamentalen Unterschied, daß dieselben in Loeb's Versuch in der Zahl, in der sie auftreten, und in allen Qualitäten voll- kommen denen entsprechen, die wir sonst durch Teilung ihrer Ceutren von einer Zellengeneration auf die nächste überliefert sehen.
Allein es besteht noch eine zweite, von Loeb außer acht ge- lassene Möglichkeit. Schon 1887, als ich meine Auffassung vom Wesen der Befruchtung zum ersten Mal darlegte, habe ich für die Parthenogenese die Annahme aufgestellt, daß bei dieser selb- ständigen Entwickelung des Eies die sonst eintretende Rückbildung des Eicentrosoma unterbleibe. Könnte nun nicht die LoEB'sche Parthenogenese des Seeigel-Eies in dieser Weise zu erklären sein ? Es liegen ja gerade für das Seeigel-Ei verschiedene Erfahrungen vor, welche mit Entschiedenheit dafür sprechen, daß hier ein „Ovoceutrum" vorhanden ist. Ich eitlere hierzu einen Satz, den ich vor 3 Jahren geschrieben habe (19, S. 6): „Aus den Er- scheinungen, die 0. und R. Hertwig und besonders neuerdings R. Heetwig und Ziegler .... festgestellt haben, geht mit aller Sicherheit hervor, daß diesem Kern (dem Eikern im Seeigel-Ei) ein C e n t r o s o m a beigesellt i s t ^). . . ." Bei der Befruchtung spielt dieses Ovocentrum allem Anschein nach gar keine Rolle; gewisse Reize aber (R. Hertwig, 64, Zieg- ler, 109, Boveri, 19) bringen es zu einer Wirksamkeit, die freilich in den bisherigen Experimenten eine sehr beschränkte war. Immerhin scheint es mir nach diesen Erfahrungen vorläufig das Nächstliegende zu sein, die LoEß'schen Versuche in der Weise zu erklären, daß der veränderte Salzgehalt des Wassers das Ovo- centrum zur Aktivität anregt, oder vielleicht richtiger, daß die Versetzung in die LoEB'sche Mischung das Eiprotoplasma in eine Verfassung bringt, daß das Ovocentrum wirken kann. Ist diese Erklärung richtig, so hat, trotz des gleichen Endresul- tates, die Wirkung des MgCl^ mit der des Spermato- zoon gar nichts gemein 2).
Ich muß mich damit begnügen, diese Vermutung hierher zu setzen. Gelingt der LoEß'sche Versuch an hinlänglich durchsich-
1) In welcher Form dieses Ovocentrum vorliegt, braucht hier nicht weiter erörtert zu werden. S. hierüber Abschnitt C, Kapitel VII, b.
2) Es mag nebenbei bemerkt sein, daß Gbeeff (47) schon im Jahre 1876 beobachtet hat, daß bei Seesternen gelegentlich, und zwar ohne jede experimentelle Beeinflussung, Parthenogenese vorkommt.
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tigen Eiern, so wird es nicht schwer sein, nachzuweisen , wie es sich verhält, und es wird sich dann zeigen, ob die Bedeutung des Experiments eine so revolutionäre ist, wie der Autor annimmt.
Wir stehen in der Centrosomenfrage gegenwärtig in einer Periode der Reaktion. Nachdem die Bedeutung dieser Gebilde, sowohl was Verbreitung wie Funktion anlangt, von manchen Seiten sehr sta"k überschätzt worden ist, zeigen uns Erscheinungen, wie das FiscHEE'sche Buch und die Vorstellungen einiger amerika- nischer Forscher, den nach meiner Meinung nicht minder ver- fehlten Rückschlag. Aus diesen Extremen und in diesem Wider- streit wird sich allmählich eine richtige Bewertung herausbilden.
Es geht schon aus dem Titel dieser Arbeit hervor, daß der Gegensatz, in welchem meine Erfahrungen und Anschauungen über die Cytocentren zu denen M. Heidenhain's stehen, hier noch ein- mal zu erörtern ist, und daß ich also auf die Schriften Heiden- hain's von 1897 (55, 57), soweit sie unseren Gegenstand betreffen, werde einzugehen und auf seine Einwände gegen meine Auffassung werde zu antworten haben. Diese Erwiderung wird eine lediglich sachliche sein, und man erwarte nicht, daß ich das, was es diesem Autor gefallen hat, über mich und meine Untersuchungen zu sagen, anders als durch Konstatierung des Sachverhaltes beant- worten werde. Wer das im folgenden an Thatsachen Nieder- gelegte gelesen haben wird und mit meinen früheren Arbeiten be- kannt ist, der ist in der Lage, die Berechtigung und den Charakter der Angriffe M. Heidenhain's zu beurteilen. Ueber diese Art von Polemik ein weiteres Wort zu verlieren, darauf glaube ich verzichten zu dürfen.
Abschnitt A.
Zur Kritik der Eisenhämatoxylin-Färbung. Künstliche Centralkörperchen.
Die folgenden Betrachtungen machen nicht den Anspruch, zur Theorie der histiologischeu Färbungen etwas beizutragen ; immerhin dürften die zu schildernden Thatsachen bei denjenigen Forschern, die jenem Problem nachgehen, einige Beachtung verdienen. Was
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ich hier beabsichtige, ist lediglich, darauf aufmerksam zu machen, welche Vorsicht bei der Deutung der Eisenhämatoxylinbilder, speciell für die Darstellung der Centrosomen, geboten ist.
Der Reiz und große Wert der Eisenhämatoxylinfärbung liegt darin, daß man mit ihrer Hilfe imstande ist, gewisse Elemente des mikroskopischen Bildes, die auf andere Weise nur wenig oder bei besonderer Kleinheit gar nicht mehr unterscheidbar sind, in tiefer Schwarzfärbung aus einer fast farblosen Umgebung mit einer nicht zu überbietenden Schärfe hervortreten zu lassen.
Freilich enthält diese extrem scharfe Differenzierung auch einige unmittelbare Nachteile, nämlich einmal, daß alle in den schwarz gefärbten Teilen vielleicht noch vorhandenen Strukturen verschwinden müssen ^), zweitens aber, daß alle nicht oder auch vermittelst einer Vor- oder Nachtinktion anders gefärbten Struk- turen der Umgebung um so weniger gut hervortreten. Besonders in der unmittelbaren Nachbarschaft des schwarz gefärbten Bereiches macht der Kontrast nach meinen oft wiederholten Erfahrungen eine Analyse viel schwieriger, als wenn die Eisenhämatoxylin- Färbung unterblieben ist, und es dürfte hauptsächhch diesem Um- stände zuzuschreiben sein, daß Kostanecki und Siedlecki (73) im Ascaris-Ei die wirkliche Grenze des Centrosoras vollkommen über- sehen konnten.
Doch ist dieser Umstand bei der Beurteilung von Eisen- hämatoxylin-Präparaten von viel geringerer Bedeutung als eine andere Erscheinung, welche ganz unabhängig von der Schärfe des Sehens zu Täuschungen führen muß und vielfach schon geführt hat. Wer sog. gelungene Eisenhämatoxylin-Präparate ohne ge- nauere Prüfung der Methode betrachtet, dem wird ihre ungemeine Klarheit und Schärfe die Ueberzengung erwecken, daß in den schwarz gefärbten Teilen des Präparates celluläre Elemente dar- gestellt seien, die, von ihrer Umgebung hochgradig ditferent, durch eine äußerst scharfe Grenze von ihr abgesetzt sind ; ja es scheint die Eisenhämatoxylin-Färbung, was Klarstellung einer Grenze an- langt, jedes andere Färbungsverfahren weit zu übertreffen. Allein einige Aufmerksamkeit bei öfterer Anwendung des Farbstoffes muß diese Zuversicht alsbald erschüttern.
1) Es ist deshalb sonderbar, wenn Autoren, welche Centro- somen lediglich mit Eisenhämatoxylin als durch und durch schwarze Kugeln dargestellt haben eine weitere Struktur derselben in Ab- rede stellen.
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Das Eisenbämatoxylin-Bild kommt bekanntlich in der Weise zu Stande, daß nach der Hämatoxylin-Behandlung zunächst alle Teile des Präparates, soweit sie sich überhaupt imbibieren, voll- kommen schwarz sind, und daß dann in der Eisenlösung einzelne sich rasch, andere sehr langsam entfärben, so daß schließlich das Bild einzelner aus hellem Grunde intensiv schwarz hervortretender Figuren entsteht. Für diese verschiedene Schnelligkeit der Ent- färbung mögen zum Teil chemische Unterschiede zwischen den einzelnen Zellenbestandteilen in Betracht kommen, gewiß aber ist dieselbe in hohem Maße davon abhängig, ob der einge- lagerte Farlj Stoff für die ihn auswaschende Eisen- lösung leichter oder schwieriger zugänglich ist.
Wie bestimmend dieses Moment ist, dafür führe ich einen groben, aber darum gerade besonders klaren Fall an, den übrigens jeder, der Ascaris-Eier schneidet, sich leicht zur Anschauung bringen kann. Diese Eier haben auf der Außenseite ihrer Schale eine Substanzlage, die in vielen Farbstoffen, z. B. in Karmin und Hämatein, eine intensive Färbung annimmt. Auch in Eisen- hämatoxylin bleibt diese Oberflächenschicht zunächst schwarz ^), entfärbt sich jedoch früher als das Chromatin und die Centro- somen, wenn auch an verschiedenen Stellen verschieden rasch. Nur da, wo zwei Eischalen einander berühren, geht die Entfärbung viel langsamer von statten, und man erhält so auf einer gewissen Entfärbungsstufe ein Bild, wie es in Fig. 16 (Tat. I) dargestellt ist, wo die Berührungsfläche zweier Eischalen durch einen schwarzen scheibenförmigen Fleck — im Durchschnitt eine kurze dicke Linie — markiert ist, während alle übrigen Teile schwach gefärbt oder bereits ganz farblos sind. Untersucht man ein solches Präparat mit starker Vergrößerung, so zeigt sich, daß genau, soweit die beiden Schalen aneinander stoßen, die erwähnte Oberflächenschicht einer jeden Schale den Farbstoff festgehalten hat, während er im übrigen Bereich vollkommen ausgewaschen ist.
Man könnte vermuten, daß an der Berührungsstelle zweier Schalen jene Oberflächenschicht bei der Härtung chemisch be- sonders modifiziert werde, so daß sie nun den Farbstoff' fester binde. Dagegen spricht einerseits das Verhalten gegenüber anderen Farbstoffen, welche die Schicht stets gleichmäßig um das ganze
1) Die eigentliche Schale nimmt in Eisenhämatoxj^lin nur einen blaß-bräunlichen Ton an, der beim Ausziehen sofort vollständig verschwindet.
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Ei herum tingiereD, mag der Farbstoff nur wenig oder stark aus- gezogen sein. Ganz ausgeschlossen aber wird eine solche An- nahme durch folgende Thatsache. Wenn man die in ihrer Ei- röhre gehärteten Eier später durch Zerklopfen voneinander isoliert und nun schneidet, so entfärben sie sich ringsum so, wie sonst an den freien Flächen, während unter der gemachten Voraus- setzung, daß an der Berührungsfläche eine besonders modifizierte Oberflächenschicht vorläge, die den Farbstoff länger halten würde, diese auch nach der Isolation noch durch stärkere Färbbarkeit ausgezeichnet sein müßte. Umgekehrt zeigen Eischalen, die nach der Härtung während der weiteren Präparation deformiert worden und dadurch in größerer Ausdehnung miteinander in Berührung gekommen sind, jene intensive Färbung nunmehr genau so weit, als sie sich jetzt berühren. Die längere Bindung des Farbstoffes an den Berührungsflächen kann demnach nur so erklärt werden, daß die auswaschende Eiseulösung hier nicht so rasch und in- tensiv wirken kann wie an den freien Flächen, indem offenbar die eigenthche Schalensubstauz, zwischen welche die sich be- rührenden Oberflächeuschichten gewissermaßen eingepreßt sind, sehr wenig durchlässig ist.
Allgemein aber führt uns diese Thatsache zu dem Resultat: ein Eisenhämatoxylin-Bild mit schärfstem Gegensatz gefärbter und ungefärbter Stellen kann dadurch bedingt sein, daß an einer Stelle ein rein mechanisches Hindernis die Entfärbung, die an anderen chemisch und strukturell ganz gleichwertigen Stelleu sich ohne Schwierigkeit vollzieht, verhindert. Indem die Entfärbung an den Stellen, wo die Eisenlösung direkt zutritt, sehr rasch und voll- kommen von statten geht, üben Behinderungen für das Hinzu- treten der differenzierenden Flüssigkeit, die bei anderen Färbungen gar nicht in Betracht kommen, den größten Einfluß aus.
Auf solche Weise können auch im Innern von Zellen und Geweben Trugbilder verschiedener Art entstehen, wovon unten noch einiges zu erwähnen sein wird. Vor allem aber sei nun hier auf eine gerade für Centrosomen-Untersuchungen wichtige Er- scheinung aufmerksam gemacht, die mit der dargelegten Eigen- schaft der Eisenhämatoxylin-Methode eng zusammenhängt und die ich als die „Erscheinung der konzentrisch en Ent- färbung" bezeichnen will^).
1) Einiges hierüber ist bereits in der Arbeit meines Schülers, des Herrn Dr. E. Fürst (46), mitgeteilt.
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Verfolgt man die Entfärbuog eines Schnittes mit stärkerer Vergrößerung, so kann man unter Umständen wahrnelimen, daß sich die oberflächlichen Schichten etwas rascher entfärben als tiefere. Doch treten hierbei schließlich nur selten größere und störende Differenzen auf, weil der Schnitt z. B. durch eine Zelle einen schwammigen Bau besitzt und so die Differenzierungsflüssig- keit sehr rasch in die Tiefe dringen und alle Teile ziemlich gleich- mäßig umspülen kann.
Viel ausgeprägter zeigt sich die in Rede stehende Erscheinung im Kleinen an gewissen Zellbestandteilen, vor allem an den Cen- trosomen. Ich verweise zunächst auf Figg. 7 — 10, 11 — 13 (Taf. I), welche Spermatocyten von Ascaris, und Figg. 73, 74, 87—89 (Taf. VI), welche Ascaris-Eier und Furchungszellen dar- stellen. Figg. 7 — 10 und 74, 87 zeigen die Centrosomen in ihrer richtigen Größe, so wie sie an ungefärbten, in Wasser unter- suchten Präparaten oder mit anderen Färbungsmitteln erscheinen. Läßt man nun auf ein solches Präparat die Eisenlösung länger einwirken, so entstehen allmählich die Bilder der Figg. 11 — 13 bezw. 73 und 88-89b.
„Es wird dabei" — wie schon E. Fürst (46) diese Verhält- nisse beschrieben hat — „die schwarze Kugel successive kleiner, und man kann, von der . . . wirklichen Größe an, jede beliebige Größe bis zu einem kaum mehr wahrnehmbaren schwarzen Pünktchen erreichen." Wie bereits dort mitgeteilt, habe ich ein und den- selben Schnitt in 5 verschiedenen Etappen immer weiter extrahiert, wobei die schwarz gefärbte Kugel successive kleiner wurde, aber immer annähernd rund und aufs schärfste begrenzt blieb. „Dieser Umstand, daß die Eisenlösung den Lack nicht diffus aus den Centrosomen extrahiert, sondern in konzentrischen Schichten nach und nach sozusagen wegfrißt, ist es, der den Beobachter so leicht zu der Meinung verleiten kann, daß er in dem jeweils schwarz gefärbten Bereich ein reales Gebilde der Zelle vor sich habe. Denn nichts sieht mehr Vertrauen erweckend aus, als eine intensiv schwarz gefärbte, scharf begrenzte Stelle in einer entfärbten Um- gebung. Trotzdem handelt es sich in diesen verkleinerten schwarzen Kugeln um Artefakte ; sowie man noch weiter entfärbt, bleibt an der früheren Begrenzungsfläche keine irgendwie nachweisbare Struktur übrig, welche berechtigen würde, gerade hier die Grenze des Centrosoms zu setzen."
Auch andere Teile der Zelle zeigen diese Erscheinung, sehr deutlich z. B. die Chromosomen. Vergleicht man die 4 Bilder
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Fig. 87 — 89b (Taf. VI), so sieht man, wie genau parallel der konzentrischen Entfärbung und scheinbaren Verkleinerung der Centrosomen eine solche der Chromosomen sich vollzieht, so daß diejenigen der Fig. 89b nur noch den halben Durchmesser von denen der Fig. 87 zu besitzen scheinen. In Fig. 89a und 89b ist ein und dasselbe Präparat auf zwei sehr nahe bei einander liegenden Entfärbungsetappen abgebildet; schon hier ist von einem zum anderen die Abnahme in den Dimensionen der Chromosomen sehr deutlich.
Ich denke, daß schon die bisher angeführten Thatsachen über- zeugend genug sind; doch sei noch ein besonders frappanter Fall angeführt, bei dem jeder Zweifel, daß es sich um eine artificielle Verkleinerung handelt, ausgeschlossen ist. Fast stets findet man an den Schnitten durch befruchtete Seeigel-Eier, wenigstens auf den Anfangsstadieu, der Dotterhaut außen einige nicht einge- drungene Spermatozoen anhängen. In der Regel zeigen dieselben das Bild der Fig. 14a, b, c (Taf. I) ; der Kopf (Kern) ist intensiv schwarz, höchstens die Spitze etwas heller, das Mittelstück tief dunkelgrau und fast stets einheitlich und homogen. Ist dagegen das Präparat stärker entfärbt, so kann man Bilder erhalten, wie sie in Fig. 14d — f gezeichnet sind. Au Stelle von Kopf und Mittelstück sieht man 3 oft aufs schärfste begrenzte schwarze Punkte, einen größeren, länglich-kegelförmigen, der dem Kopf entspricht, und in der Verlängerung seiner Längsachse 2 bald größere, bald kleinere quer gestellte, die im Mittelstück ihre Lage haben. Die Bilder sind etwas variabel, was hauptsächlich durch die wechselnde Lage bedingt zu sein scheint. An manchen Sperma- tozoon zeigt sich dem Mittelstück entsprechend ein queres Stäb- chen (Fig. 14g); sieht man in der Richtung der Spermatozoen- achse, so erhält man gewöhnlich das Bild der Fig. 14h. Daß nun der kegelförmige schwarze Bereich im Kopf nicht den ganzen Spermakern repräsentiert, ist klar; des weiteren wird niemand annehmen, daß in diesem Kern eine centrale Difl'erenzieruug von der abgebildeten Form vorhanden sei. Ueberdies wird dies da- durch ausgeschlossen, daß der schwarze Fleck je nach dem Grade der Entfärbung verschieden groß ausfällt. Wir haben es also hier sicher mit einem reinen Kunstprodukt als Folge konzentrischer Entfärbung zu thun. — Wie geringe Unterschiede nur nötig sind, um den Färbungseffekt sehr verschieden zu gestalten, geht daraus hervor, daß der Kopf eines eingedrungenen Spermatozoon, welcher dem gleichen Ei und gleichen Schnitt angehört wie die eben be-
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sprochenen, und ebenso die freien Köpfe benachbarter Schnitte- des gleichen Objektträgers vollkommen schwarz sind.
Schon an den freien Spermaköpfen ist es, wenn sie ober- flächlich entfärbt sind, schwierig, im Balsampräparat ihre Be- grenzung festzustellen. Denkt man sich nun ein solches Gebilde in eine ihm ziemlich gleichartige Umgebung versetzt, so wird es fast unmöglich sein, seine wahre Grenze zu bestimmen, und man wird, wo andere Kriterien fehlen, nur zu leicht geneigt sein, sie dahin zu verlegen, wo die Schwarzfärbung aufhört.
Noch in anderer Beziehung sind die fraglichen Präparate lehrreich. Die starke Entfärbung läßt in dem Mittelstück ein Doppelkörperchen zum Vorschein kommen. Die Bedeutung dieses Befundes kann hier unerörtert bleiben; jedenfalls muß ihm eine reale, wenn auch vielleicht durch das Absterben deutlicher werdende Struktur zu Grunde liegen. Vielfach sind im Mittelpunkt von Astrosphären solche Doppelkörperchen darstellbar, und es wird von manchen Seiten behauptet, daß sie nicht Einschlüsse eines größeren Körperchens seien, sondern direkt in die „Sphäre" ein- gelagert. Findet sich an ihrer Stelle ein größerer Bereich schwarz gefärbt, so bezeichnet z. B. Heidenhain dies als eine Ver- klumpungsfigur. Ich bezweifle nun keineswegs, daß in manchen Fällen dadurch, daß zwei dicht benachbarte Körperchen den zwischen ihnen abgelagerten Farbstoff der differenzierenden Flüssig- keit schwer zugänglich machen, ein scheinbar einheitliches Gebilde vorgetäuscht wird; daß jedoch nicht alle derartigen Bilder so zu deuten sind, zeigt das Mittelstück des Seeigel-Spermatozoon. Denn daß der größere einheitliche Körper, den man bei stärkerer Eisen- hämatoxylin-Färbung erhält, ein reales Gebilde ist, lehrt die Beob- achtung im Leben. So bin ich der Ueberzeugung, daß überall da, wo in einer Sphäre an Stelle zweier kleiner Körnchen ein be- trächtlich größerer Bereich schwarz gefärbt werden kann, diesem Verhalten eine besondere Struktur zu Grunde liegen muß.
Auch an den Spiudelfasern und Polradien habe ich gelegent- lich die Erscheinung der konzentrischen Entfärbung konstatiert. Zu einer Zeit, wo dünne Radien bereits ganz entfärbt sind, können dickere noch durch scharfe intensiv schwarze Linien markiert sein, so daß man unter Umständen zu der Meinung verleitet werden kann, Bildungen von zweierlei Art vor sich zu haben.
Zu erklären scheinen mir diese Thatsachen so zu sein, daß die Eisenlösung nur sehr langsam ins Linere der genannten Zell- bestandteile vordringen kann und so zuerst den peripheren Schichten
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die Farbe entzieht, erst allmählich den tieferen. Ja, die ungemein scharfe Grenze, bis zu welcher die Entfärbung an den Centro- somen und Chromosomen jeweils vorgedrungen ist, so daß volle Farblosigkeit direkt an intensivstes Schwarz stößt, könnte viel- leicht dafür sprechen, daß gerade in der Imprägnation mit dem ohne Zweifel sehr dichten Farbstoff ein Hindernis für das Ein- dringen der Eisenlösung gegeben ist, so daß dieselbe nur immer an der jeweiligen Grenze ihre auflösende Wirkung entfalten kann.
Von Wichtigkeit ist es nun, daß die besprochene konzentrische Entfärbung nicht immer und iüberall eintritt, sondern daß auch eine diffuse vorkommt, wobei der schwarze Bereich, ohne sich zu verkleinern, allmählich blasser wird. Diese Art der Entfärbung findet sich nach den Angaben meines Schülers, Prof. F. M. Mao Faeland (79) stets an den Centrosomen der Ovocyten von Di- aulula. Aber auch an Objekten, die sonst in ausgeprägtester Weise die konzentrische Entfärbung darbieten, wie an den Centro- soraen der Ascaris-Spermatocyten, habe ich' bei ganz gleicher Kon- servierung manchmal ditfuse Entfärbung erhalten, wie Figg. 1 — 6 (Taf. I) lehren, wo die Centrosomen einen blassen grauen Ton